Texta, die Linzer Urgesteine, liefern mit Gezeiten ein Album, das in der deutschsprachigen Szene wie ein Donnerschlag einschlägt. Der Dialekt gibt den Tracks eine Erdung, die man in der oft glattgebügelten Welt des Deutschrap selten hört. Songs wie „Nur a Numma“ wirken wie ein Gespräch am Stammtisch, nur mit messerscharfen Reimen und Beats, die sitzen. Es ist, als hätten Texta den oberösterreichischen Vibe in 16 Bars destilliert.
Musikalisch bleibt Gezeiten der Oldschool-Wurzel treu, ohne staubig zu wirken. Die Beats sind eine Hommage an die goldene Ära – knackige Drums, tiefe Basslines, dezente Samples –, aber mit genug zeitgemäßen Elementen, um nicht wie ein Retro-Trip zu klingen. Die Produktion ist clean, ohne überproduziert zu sein, und lässt den Texten Raum zum Atmen. Besonders die Mid-Tempo-Nummern haben diesen hypnotischen Groove, der dich zum Kopfnicken zwingt. Einziger Mini-Kritikpunkt: Manche Tracks könnten etwas experimenteller sein, um die Spannung bis zum Schluss zu halten
Texta waren schon immer Meister des Storytellings, und auf Gezeiten drehen sie die Schraube noch weiter. Die Texte sind introspektiv, gesellschaftskritisch und dabei so nahbar, dass sie direkt unter die Haut gehen. Themen wie Zeit, Vergänglichkeit und die Suche nach Identität in einer Welt im Dauerlauf werden mit einer Klarheit verpackt, die keinen Platz für Füller lässt. Der Dialekt macht die Lines noch greifbarer – es fühlt sich an, als würden Flip, Huckey und Laima dir ihre Geschichten persönlich erzählen. Punchlines gibt’s auch, aber sie sind eher subtil und zünden durch Witz und Wortspiel.

In einer Zeit, in der Deutschrap oft nach globalem Einheitsbrei klingt, ist Gezeiten ein Manifest für Regionalität. Texta zeigen, dass man nicht auf Hochdeutsch rappen muss, um relevant zu sein. Das Album ist ein Liebesbrief an Oberösterreich, aber gleichzeitig universell genug, um überall zu resonieren. Es erinnert an die Anfänge von Dynamite Deluxe oder Blumentopf, wo Authentizität wichtiger war als Chartplatzierungen. Dass sie 2025, nach über 25 Jahren im Game, so ein starkes Ding abliefern, verdient Respekt.
Wenn man was zu meckern suchen will: Gezeiten ist fast zu sicher gespielt. Texta bleiben in ihrer Komfortzone, was sie verdammt gut machen, aber ein oder zwei Tracks mit einem radikaleren Ansatz – vielleicht ein Feature mit einem Newcomer oder ein Beat, der mehr aus der Kurve fliegt – hätten dem Album noch mehr Kanten gegeben. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Gezeiten ist ein Beweis, dass Hip-Hop auch 2025 noch Seele haben kann. Texta liefern ein Album, das tief verwurzelt ist, ohne provinziell zu sein, und das mit jedem Hören wächst. Für Fans von klassischem Rap, lyrischem Tiefgang und regionalem Flavour ist das Pflichtprogramm. Schmeißt die Platte in die Playlist, dreht die Boxen auf und lasst euch von Linz in die Gezeiten ziehen.